Senatorin Ünsal verlagert Probleme zu Lasten aller Bremer:innen
Der ADFC Bremen ist entsetzt: das modellhafte und vielgelobte Mobilitäts-Bau-Ortsgesetz, welches ziemlich genau vor zwei Jahren die Stellplatzverordnung abgelöst hat, soll ausgesetzt werden.
So zumindest der Vorschlag, aus dem Ressort von Bau- und Mobilitätssenatorin Ünsal der am Mittwoch im Weser-Kurier öffentlich wurde. Konkret bedeutet die Aussetzung, dass sich Bauunternehmen keine Gedanken mehr über Abstellplätze für die Autos und Fahrräder ihrer künftigen Bewohner:innen machen müssten. Mit der vorgeschlagenen Maßnahme der Bau- und Mobilitätssenatorin soll die Bauwirtschaft entlastet werden. Belastet werden aber in jedem Fall alle Menschen, die zu Fuß, mit Rollstuhl und Rollator oder mit dem Fahrrad unterwegs sind, denn die neuen Quartiersbewohner:innen werden ihr Auto oder ihr Fahrrad mangels Alternativen im öffentlichen Raum parken. Schon heute ist der Parkdruck in den Quartieren hoch – illegales Parken ist an der Tagesordnung. Rettungswege werden durch Falschparker blockiert; Entsorgungsbetriebe müssen kleinere Fahrzeuge anschaffen und ein Durchkommen für Fußgänger:innen und Radfahrende ist in vielen Straßen kaum noch möglich. Konzepte dagegen werden medienwirksam angekündigt und dann -– wie der Vierpunkteplan zum Parken – einfach nicht umgesetzt.
Sven Eckert, ADFC-Geschäftsführer: „Das ist keine Lösung, die hier angeboten wird - das Park-Problem wird einfach in den öffentlichen Raum verlagert; zu Lasten der Schwächsten und Schutzbedürftigsten: Kinder, Senior:innen und mobilitätseingeschränkten Menschen. Damit führt es zu einer Verschärfung schon bestehender Probleme. Die Bauträger werden zukünftig alles einsparen und die Zeche werden einmal mehr die Bremer Bürger:innen zahlen.
Gehwegparken und keine Alternativen
Werden von den Bauträgern keine Stellplätze geschaffen oder alternative Konzepte entwickelt, wie es das Mobilitäts-Bau-Ortsgesetz ermöglicht, wird der Parkdruck in den Quartieren unweigerlich steigen. Und das vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts (BVG) zum illegalen Gehwegparken: Hier wurde erfolgreich das Mobilitätsressort verklagt, endlich etwas gegen das illegale Parken zu unternehmen. Mit ihrem Vorschlag sorgt Senatorin Ünsal dafür, dass nun noch mehr Autos im öffentlichen Raum parken.
Hinzu kommt, dass aus den Ablösesummen für nicht gebaute Stellplätze Ausgleichsmaßnahmen in den Quartieren bezahlt werden sollten. Einrichtung von Car- und Bikesharing-Plätzen, öffentliche Fahrradstellplätze und die Subventionierung eines quartiersbezogenen ÖPNV wären aus den Mitteln möglich. Diese alternativen Mobilitätsangebote sollen also „ausgesetzt" werden. Während andere Städte sich seit der Einführung des Gesetzes an Bremen orientiert haben, ist diese „Aussetzen“ in Bremen ein Schritt rückwärts. Das Problem des Parkens wird auf lange Zeit so nur verschärft.
Ein besonders durchdachter Vorschlag scheint die Aussetzung aus ADFC-Sicht nicht zu sein. Es fehlt weiterhin ein Konzept, um die Quartiere vom Parkdruck zu entlasten.