Bye Bye Radstation :(
Von dem was einst lebendige Vereinsfläche war, bleibt am Ende ein kahler Raum mit orangefarbenen Säulen. Der Räumungsverkauf und die großen Ausräumarbeiten sind geschafft, die Übergabe ist erfolgt – die ADFC-Radstation ist damit Geschichte.
Der ADFC Bremen verabschiedet sich nicht gerne von der Radstation, die über zwei Jahrzehnte hinweg ein fester Bestandteil der Fahrradstrukturen in Bremen gewesen ist. Doch die Umstände lassen uns keine andere Wahl. Leicht war es nie, die Radstation inklusive der beiden Fahrradparkhäuser auf der Nord- und der Südseite des Hauptbahnhofs zu betreiben; zwei Fahrradhändler haben sich daran versucht und wieder aufgegeben, bevor – mangels Alternativen – der ADFC selbst in Bresche gesprungen ist. 2008 wurde die ADFC-Radstations-GmbH gegründet und hat die Verantwortung für die Fahrradparkhäuser, den Fahrradservice und den Fahrradverleih übernommen. Das Risiko und der Sprung ins kalte Wasser haben sich gelohnt: für die Nutzer*innen, die mit dem ADFC einen neutralen und engagierten Betreiber vorgefunden haben, der versucht hat, vieles möglich zu machen. Für den ADFC, der sichtbar in der Stadt Verantwortung übernommen und für seine Forderung, dass es ein gutes Fahrradparkhaus am Bahnhof geben muss, eingestanden hat. Und für die Stadt, die sich damit rühmen konnte, die einzige Radstation zu haben, die ohne Subventionen auskommt.
Eine schwere Entscheidung
Doch die letzten zwei Jahre waren schwierig: Die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Einnahmeausfälle beim Fahrradparken (kaum Pendler*innen durch Home-Office), beim Fahrradverleih (der Tourismus war von jetzt auf gleich auf Null eingebrochen) und logischerweise dann auch bei den Fahrradreparaturen, hat die Radstations-GmbH stark mitgenommen. Aufgebrauchte Rücklagen und die Entscheidung der Stadt, das Fahrradparken zukünftig stadtweit in die Obhut der BREPARK zu geben, ließen dann keine mittelfristige Planung mehr zu – die Entscheidung fiel schwer und war doch unvermeidbar: Der ADFC gibt die Radstation auf, denn nur mit Fahrradverleih und ein wenig Service sind die Kosten nicht zu decken. Das ist nicht leichtgefallen, denn drei Kolleg*innen der Radstation GmbH haben damit nach langer Kurzarbeit endgültig ihren Arbeitsplatz verloren.
Das verdreckte Parkhaus war niemandem mehr zuzumuten
Doch neben der finanziellen Schieflage waren es auch städtische Probleme, die am Ende zum Aus führten. Als die Drogen- und Obdachlosenszene am Bahnhof nach der Schließung von Aufenthaltsräumen immer problematischer wurde, wurde damit auch das Fahrradparkhaus als Druckraum und Toilette "entdeckt". Irgendwann war es dann weder den Kund*innen zuzumuten solch ein verdrecktes Parkhaus zu nutzen, noch den Mitarbeiter*innen, täglich Fäkalien entsorgen zu müssen. Unsere Hilferufe in Richtung Stadt nach Zuschüssen oder irgendeiner Form von Unterstützung verhallten leider ohne Ergebnis.
Von daher freuen wir uns sehr, dass der jetzige neue Betreiber BREPARK im Fahrradparkhauses jetzt binnen drei Tagen alles umgesetzt hat, was über 18 Monate lang mit dem Betreiber ADFC und dem Vermieter BREPARK nicht möglich gewesen sein sollte: Sicherheitsdienst, ein neues Kassen- und Schließsystem sowie nächtliche Schließung. (Dass an dieser Stelle ein wenig Bitterkeit unsererseits durchklingt, sei bitte verziehen.) Damit sollten die Nutzer*innen jetzt wieder ein sauberes Parkhaus vorfinden, in dem man keine Angst haben muss, in Fäkalien oder Drogenutensilien zu treten.
Zum Abschluss überwiegen die schönen Erinnerungen
Zum Abschluss überwiegen bei allem Ärger der letzten zwei Jahre aber die schönen Erinnerungen: Die vielen positiven Rückmeldungen von Radreisenden, die sichere Abstellmöglichkeiten für die gepackten Fahrräder in den hinteren Lagerräumen gefunden haben und von Arbeitspendler*innen, denen im Laufe des Tages ihr Fahrrad repariert wurde („morgens gebracht, abends gemacht“). An die ADFC-Radstation, die nicht nur irgendein Fahrradladen war – die Ladenfläche am Hauptbahnhof war im Laufe der Zeit Ausstellungsort, Beratungsstelle und Treffpunkt für unzählige Ehrenamtliche. Am Infotresen des ADFC Landesverbands haben Aktive mit Kund*innen Radtouren geplant, zu den schönsten Ausflugszielen beraten und sich mit anderen Fahrradbegeisterten zum schönsten Hobby der Welt ausgetauscht. Wohin das Beratungsteam umziehen kann? Derzeit unklar. Wie und wo die Geschäftsstelle des Landesverbands in Zukunft arbeiten kann? Ebenfalls unklar, denn mit der Übergabe der Radstation wurden dem ADFC auch die Lagerräume gekündigt – die eine Hälfte sofort, die andere Hälfte des Lagers zum 31.12.2021.
Es geht weiter - wir blicken nach vorn
Die Arbeit ruht also nicht, ganz im Gegenteil: Alle Aktivitäten, die im letzten Jahr durch Pandemiemaßnahmen so gut wie stillgelegt waren, sind endlich wieder möglich. Radtouren, Infostände, Veranstaltungen – der ADFC-Kalender ist bis zum Herbst vollgestopft und die Aktiven hochmotiviert, endlich wieder zum Einsatz zu kommen. Und dazu befinden wir uns auf der Suche nach neuen Geschäfts- und Lagerräumen. Wer etwas hört oder weiß, darf sich gerne bei uns melden. Es geht weiter und wir blicken hoffnungsvoll in die Zukunft; denn wie sagte schon Albert Einstein: „Das Leben ist wie ein Fahrrad. Man muss sich vorwärts bewegen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.“